Online-Workshop 22: Geländeanschlüsse an Kulisse

Artikel-Nr.: WORKSHOP22

Hinweis: dieser Workshop ist noch in der Bearbeitungsphase.

Der Übergang von Anlage zu Kulisse ist ein Thema, das bereits in der Planungsphase Berücksichtigung finden sollte, um später optimale Ergebnisse zu erzielen. Ist die Kulisse erst mal dran und die Anlage davorgesetzt, wird es vielfach schwierig, hier noch Änderungen vorzunehmen.

Gerade im Bereich der großen Spuren 0 und 1 ist ein eleganter Anschluß des Anlagengeländes an die Hintergrundkulisse vielfach besonders herausfordernd, da die Baugrößen recht raumgreifend sind, sodaß der verbliebene Bereich zwischen Gleiskörper und Kulisse meist mager ausfällt, was die realistische Anschlußgestaltung schwierig gestaltet, soll eine ordentliche Tiefenwirkung erzielt werden. Wenn dichte Vegetation ausscheidet, weil auch diese eine gewisse Tiefe benötigt, um plausibel zu erscheinen und dicht genug gestaltet werden kann, um den Übergang zu kaschieren, oder topographisch nicht infrage kommt, wie auf unserer 0n30 Anlage, die wir in den Spring Mountains bei Las Vegas angesiedelt haben, sind Alternativen gefragt. Unabhängig von der verwendeten Methode besteht die grundsätzliche Strategie zur Gestaltung des Anschlusses im wesentlichen darin, die Übergangskante unsichtbar, schlecht sichtbar oder verschleiert zu gestalten. Zusätzlich können Techniken wie forced perspective eingesetzt werden, um dem Betrachter die Einschätzung der tatsächlichen Tiefenwirkung zu erschweren.

Wahrnehmung
Bevor jedoch auf die einzelnen Techniken eingegangen werden kann, sind wahrnehmungsbedingte Probleme zu vergegenwärtigen. Wir kennen aus Fachzeitschriften viele Aufnahmen gelungener Anlagen, die das Problem des Kulissenanschlusses scheinbar perfekt gelöst haben. Im Hobbykeller dann stellen wir immer wieder fest, daß die Verschmelzung von Vordergrund und Hintergrund doch nicht so gelingt wie erwartet. Für die Beurteilung der eigenen Arbeit im Vergleich zu den Kulissen-Übergängen, die in Publikationen gezeigt werden, ist es unabdingbar, Fotos zu machen, denn in Natura wird der Hintergrund selbst von beiden Augen identisch wahrgenommen, handelt es sich schließlich um ein zweidimensionales Objekt ohne jede tatsächliche Tiefe. Alle Komponenten auf der Anlage werden aufgrund ihrer dreidimensionalen Ausdehnung dagegen immer als Objekte mit Tiefe erkannt und liefern daher einen feststellbaren Gegensatz, der den Übergang dann doch wieder erkennen läßt. Abbildungen in Fachzeitschriften hingegen, ebenso die eigenen Fotos, werden indes ausschließlich zweidimensional wahrgenommen, sodaß dort dieser Effekt nicht auftritt. Ohne die Berücksichtigung dieser in der Wahrnehmung begründeten Unterschiede sind die eigenen Ergebnisse im Hobbykeller vergleichsweise enttäuschend, die Tiefenwirkung will sich so einstellen wie auf den Aufnahmen der Fachzeitschriften. Daher: Fotos machen und zunächst anhand dieser die Qualität und Wirkung des Übergangs beurteilen.

Diese Kenntnis der wahrnehmungsbedingten Limits bei der Übergangsgestaltung kann nun genutzt werden, um im Übergangsbereich bessere Ergebnisse zu erzielen, indem dort selbst dreidimensionale Strukturen verwendet werden, die eine starke Zweidimensionalität und wenig Tiefenkomponente aufweisen, um die Abgrenzung zu verdecken. Geeignet sind hierfür teilweise transparente Zäune (u.a. Schneefangzäune), die eine kaum wahrnehmbare Tiefenkomponente haben, aber noch dreidimensionale Objekte sind und daher den Hintergrund durchscheinen lassen bzw. nur teilweise verdecken. Mauern sind dagegen eher ungeeignet, da diese den Übergangsbereich eher betonen.

Farben
Bei stark dreidimensionalen Felspartien vor felsigem Hintergrund kommt der Abstimmung der Vordergrundfarbgebung auf den Hintergrund hingegen besondere Bedeutung zu, um die Wahrnehmung des Übergangs zu erschweren. Weichen die Farben zusehr voneinander ab, beispielsweise aufgrund der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit auf Anlage und Hintergrund, ist keine Verschmelzung erzielbar, sondern lediglich die Verschleierung der Kante durch die Geländeentwicklung.

Beispiele
Hier einige Beispiele von Techniken, die miteinander kombiniert eine ordentliche Tiefenwirkung erzeugen.

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1. Abschlußkante uneinsehbar

Diese Aufnahme von schräg oben zeigt unser Geländeteil nur weniger Zentimeter vor der Kulisse. Entscheidend ist der Verlauf der hinteren Böschung hinab zur Kulisse mit einer Tiefe von 1-2 cm, ordentlich eingesandet und begrünt, sodaß ...

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... bei der normalen Ansicht der (scheinbare) Abstand des Hügels auf der Anlage von der Felswand im Hintergrund nicht eingeschätzt werden kann, als ob sich dazwischen eine nicht einsehbare Senke befände. Eine farbliche Abstimmung kann hier nicht erfolgen, da die Oberflächenbeschaffenheit von der des Hintergrunds deutlich abweicht, sodaß nur nach hinten abfallendes Gelände infrage kommt.

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2. Abschlußkante uneinsehbar mit forced perspective Modellen

Diese Technik läßt sich bei mehr Platz zwischen Gleiskörper und Wand ergänzen um die Idee der forced perspective, indem in dem Bereich der nicht einsehbaren Senke Modelle in mindestens der halben Baugröße eingebaut werden - auf unserer 0n30 Anlage (Modelle im Vordergrund) im Ma0stab 1:48 befindet sich "hinterm Berg" ein Minengebäude im Maßstab 1:87, ...

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... was dem ganzen sehr viel mehr empfundene Tiefe verleiht als die 75 cm zwischen Lok und Raumecke. Die Hügelkuppe sollte hier bepflanzt werden durch etwas üppigere Vegetation analog der Koniferenpositionierung im Hintergrundbild, sodaß eine Fortsetzung des Plateaus entsteht, das durch einen scheinbaren Canyon in Hintergrund auf Kulisse und Vordergrund auf der Anlage geteilt ist. Auch hier sind Farbunterschiede problemlos, da sich der Hintergrund scheinbar am Horizont in großer Entfernung befindet und die Bodenbeschaffenheit des Plateaus auf dem Hintergrund nicht erkennbar ist. Insofern lohnt sich das gründliche Studium der Vegetation auf dem Hintergrund, soweit Panoramafotos verwendet werden (hier: Snow Canyon, Utah). Das Minenmodell könnte sogar noch kleiner ausfallen, verdeckt aber so die unschöne Stoßkante in der Raumecke...

 

3. Felsformationen direkt vor der Kulisse

Eine weitere Möglichkeit des Geländeanschlusses an die Kulisse stellen Felsformationen dar, bei denen der nicht Tiefen-einschätzbare Bereich zwischen Objekt auf der Anlage und Hintergrundkulisse, der auch in unserer ersten Methode die Wirkung entfaltet, nicht aufgrund vertikaler, sondern aufgrund horizontaler Geländeentwicklung entsteht. Hierfür kommen jedoch im wesentlichen nur Felspartien infrage, sodaß diese Methode nicht überall verwendet werden kann. Das hier vor die Kulisse gesetzte Felsstück führt senkrechte Flächen im Bogen uneinsehbar nach hinten, sodaß ...

 

... in der Betrachterperspektive der Zwischenraum zwischen Fels und Hintergrund als vorhanden erkannt, aber nicht eingeschätzt werden kann - das dreidimensionale Felsstück auf der Anlage verschmilzt quasi mit dem Hintergrund. Hier wird die Bedeutung der Farbabstimmung von Vordergrund und Hintergrund besonders deutlich. Auch wenn das Foto ein erstklassiges Ergebnis zeigt, soll nicht verschwiegen werden, daß diese Situation bei mir im Hobbykeller weniger befriedigend ausfällt, da der auf der Anlage montierte Felsbereich dreidimensional, der Hintergrund aber zweidsimensional wahrgenommen wird (s.o.), was für Lösungen nach Vorschlag 4 (s.u.) spricht.

 

Eine weitere Variante bieten Felsformationen, bei denen eine scheinbare Abbruchkante auf der der Kulisse zugewandten Seite angedeutet wird. Diese wirken meines Erachtens aber nur dann, wenn die Geologie der Felsformation selbst eine solche Abbruchkante plausibel macht. Die hier gezeigte Felsformation direkt vor der Kulisse würde doch recht seltsam erscheinen, wenn nicht die im Vordergrund vorhandene Formation einen derartigen Kulissenanschluß erlaubte.

 

4. Harter Geländeabschluß mit teilweise transparenten, überwiegend zweidimensionalen Strukturen

Steht noch weniger Platz zur Verfügung, können nur noch teilweise transparente Strukturen, soweit sie ins Thema passen, wie Schneefangzäune, verwendet werden, insbesondere bei Landschaften mit alpinem Charakter, da diese meist auch in der schneefreien Zeit stehenbleiben. Hohe Mauern und dergleichen haben aufgrund ihrer Intransparenz den Nachteil, daß sie die Anlagenkante eher betonen als kaschieren, während Zäune die Kulisse im unmittelbar dahinterliegenden Bereich teilweise sichtbar machen und damit der Übergang eher weich erfolgt. Wichtig ist, die Zäune so nah wie möglich an die Kulisse zu setzen, um verräterische Schattenwirkung auf der Kulisse zu unterdrücken. Nebenstehendes Foto zeigt eine solche Anordnung aus der Vogelperspektive.

 

4.1 Illusion der Geländefortsetzung auf derselben Ebene
Die durchaus brauchbare optische Wirkung wird hier dokumentiert wird. Zwischen Gleismitte und Wand liegen gerade mal 6 cm. Verwendet wurden hier unsere Schneefangzäune Wyoming WM0995, für europäische Anlagen in 0 und 1 sind indes unsere Schneefangzäune nach allgäuer Vorbild geeignet (WM0633 bzw. WM1633). Je nach Zaunbauart ist der Bereich unterhalb des letzten Bretts und des Bodens mit grasartiger Vegetation aufzufüllen, um die Kante zu verdecken. Wichtig ist bei dieser Art des Anschlusses auch die Beleuchtung, bewährt haben sich LED-Streifen über der Anlage, die eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne Schlagschatten auf der Kulisse liefern.

 

Diese Aufnahme zeigt den Servicebereich für unsere Loks, der auf einer 10 mm Styrodurplatte aufgebaut und die Kulisse anstoßend mit einem Zaun begrenzt wurdet. Auch hier weicht die tatsächliche Tiefenwahrnehmung im Hobbykeller deutlich von der Darstellung auf dem Foto ab, das einen Graben unmittelbar hinter dem Serviceberreich annehmen läßt. Abhilfe schafft hier letztlich nur entweder die Verlängerung der Zaunanlage oder eine echte dreidimensionale Struktur am rechten Ende des Bereichs, die in der Realwahrnehmung den tatsächlichen Abstand zwischen Zaun und Kulisse verschleiert (siehe 5.).

 

4.2 Illusion der Geländefortsetzung mit tieferliegendem Areal
Steht sehr wenig Platz zur Verfügung, kann an Kulisse mit hinter der Anlage ansteigendem Gelände (Feldwand, Waldhang etc.) auch mit einer niedrigen Mauer und einem aufgesetzten Geländer angeschlossen werden. Diese Konfiguration läßt den Betrachter einen Graben oder eine Schlucht hinter dem Geländer wahrnehmen, die auf der anderen Seite von Felswand oder Hang, auf der Kulisse befindend, begrenzt wird. Dieser Übergang betont zwar das Ende der Anlage, bindet aber aufgrund der Illusion der dahinterliegenden, tieferliegenden und daher uneinsehbaren Areale die Kulisse sehr schön an - mit der beste Übergang ohne große 2D/3D Wahrnehmungsprobleme wie eingangs besprochen. Diese Anordnung sollte allerdings ebenfalls mit anderen Konstruktionen kombiniert werden, da andernfalls der Eindruck entsteht, die gesamte Anlage befände sich auf einer Art "Tafelberg".

 

Dieselbe Anordnung aus der Vogelperspektive - die Mauer mit Geländer befindet sich unmittelbar vor der Kulisse.

 

5. Seitliche Übergänge

Besonderes Augenmerk verdienen die Übergänge zwischen den verschiedenen Bereichen der Kulissenanschlüsse. Diese funktionieren am besten, wenn sie sich in Zonen größerer Tiefe befinden und daher echte dreidimensionale Strukturen erlauben (einzelne Büsche, kleine Gebäude usw.). Die bloße Aneinanderreihung verschiedener Anschlußmethoden liefert eher kein optimales Bild.

Die unbewußte Wahrnehmung der Kulisse spielt eine weitaus größere Rolle als bisher besprochen. Modellbahnanlagen favorisieren den langen schmalen Aufbau, um der Längsausdehnung von Gleisbereichen Rechnung zu tragen. Dies führt beim Betrachter immer zu spitzwinkliger Blickrichtung auf entferntere Kulissenbereiche, die wenigstens subtil dann nur als "Bild an der Wand" und nicht als Fortsetzung des Vordergrunds in der Tiefe wahrgenommen werden können, da auch das flache Objekt Kulisse dreidimensional betrachtet wird.

Abhilfe würde hier nur der Versuch schaffen, zwischen Gleiskörper und Kulisse insbesondere in Zonen des seitlichen Übergangs zwischen Kulissenanschlußbereichen, also in gewissen Abständen, die vom Längen-Tiefenverhältnis der Anlage abhängen, Objekte zu setzen, die einzelne Räume schaffen und die entferntere Kulisse seitlich verdecken würden, um eine spitzwinklige Wahrnehmung derselben zu unterdrücken. Denkbar sind hohe Felsnasen ggf. mit Tunnel, hohe Gebäude (z.B. Zementwerk direkt vor dem Hintergrund), kurze Pappelalleen entlang des Hintergrunds oder durchfahrene Wälder signifikanter Baumhöhe etc. (bei wenig Resttiefe zwischen Gleiskörper und Kulisse eine Herausforderung), bis nur noch der Himmelsanteil der Kulisse spitzwinklig wahrgenommen werden kann. Damit wäre dieser Störeffekt unter Kontrolle. Optimiert werden kann diese Strategie noch dadurch, daß Kulissen verwendet werden, die nur niedriges Gelände (Flachland oder Hügel bzw. Gebirge in größerer Entfernung) zeigen und einen großen Himmelanteil haben, da dann die erforderlichen Objekte zur Abdeckung der Bereiche spitzwinkliger Wahrnehmung der Kulisse deutlich niedriger ausfallen können.

 

6. Direktanschluß der Kulisse

Kann eine spitzwinklige Wahrnehmung hingegen aufgrund des Verhältnisses Länge zu Tiefe eines Anlagenteils oder aufgrund von Einschränkungen in möglichen Betrachterpositionen ausgeschlossen werden, ist diese Vorgabe nicht relevant. Hier können richtig große Objekte auf der Kulisse aufgrund ihrer scheinbaren Nähe zu den Objekten auf der Anlage eine besonders gut wahrnehmbare Fortsetzungswirkung erzielen; die Drehscheibe scheint direkt vor der Geröllhalde zu liegen, eine spitzwinklige Betrachtung dieser Situation ist aufgrund eines angedockten Anlagenteils, der dem Betrachter den Weg versperrt, ausgeschlossen. Diese eher seltene Situation erlaubt den Direktanschluß der Kulisse an den Vordergrund, die Stoßkante wird lediglich durch niedrige Vegetation etwas verdeckt.

 

7. Kulissenstöße

Vielfach müssen Kulissen aneinandergestoßen werden, da die verfügbaren Bilddaten keinen Druck mit ausreichender Länge erlauben. Die Verwendung von Bildbearbeitungssoftware auf im Internet verfügbaren Panoramaaufnahmen erlaubt hier Veränderungen an den Aufnahmen, die die Kulisse optimieren können. Um einen möglichst großen Abstand des Vordergrunds von den Horizont-Objekten auf der Kulisse zu suggerieren, wird die untere Kante des Hintergrundbilds nach oben versetzt, sodaß nur noch die entfernteren Strukturen sichtbar sind. Reicht die Höhe der Kulisse dann nicht aus, wird der Bereich des Bildes, der nur Himmel zeigt, soweit vertikal nach oben gedehnt, bis die erforderliche Höhe erreicht ist. Damit können sehr lange Panoramas erzeugt werden, die von gut ausgestatteten Copyshops vierfarbig geplottet werden können sollten. Stöße sollten in den Raumecken liegen und von vorgesetzten Gebäuden so verdeckt sein, daß nur Himmelspassagen aneinanderstoßen, ggf. ist die Farbbalance der verwendeten Aufnahmen hier vorsichtig anzupassen. Hinsichtlich der Bildqualität reichen Aufnahmen mit 30.000 bis 40.000 Pixeln Länge für ca. 8 m Raumlänge m.E. aus.

Fortsetzung folgt !

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